Pflanzenschutz- und Düngemittelhandelstag:

Zum 10. Pflanzenschutz- und Düngemittelhandelstag des Bundesverbandes der Agrargewerblichen Wirtschaft (BVA) auf der Burg Warberg trafen sich am 3. und 4. November 2015 rund 60 Teilnehmer aus Handel, Industrie, Politik und Medien.

Der erste Tag stand dabei ganz im Zeichen des Pflanzenschutzes. Zu Beginn stellte Wolfgang Zornbach vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aktuelle Entwicklungen im Pflanzenschutz dar. Er appellierte dabei an die Branche die bestehenden Anstrengungen gegen illegale und gefälschte Pflanzenschutzmittel auch weiterhin zu unterstützen und diesem Thema im täglichen Geschäft mit der notwendigen Sensibilität zu begegnen. In Bezug auf das Pflanzenschutzrecht bezeichnete er den „Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln“ als Leitlinie für die Pflanzenschutzpolitik der Bundesregierung und informierte über die anstehende Überprüfung des Aktionsplanes, die im Juni 2016 mit einem Midterm-Workshop gestartet wird. Zur Pflanzenschutzsachkunde wies Zornbach noch einmal auf den Stichtag 26. November 2015 hin, ab dem Pflanzenschutzmittel für berufliche Anwendung nur noch an Erwerber mit deutschem Sachkundenachweis verkauft werden dürfen.  

Im Anschluss machte Frau Gaby-Fleur Böl vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die Teilnehmer auf die Notwendigkeit aufmerksam, die verschobene Risikowahrnehmung in der Bevölkerung wieder geradezurücken. Dazu bedarf es einer positiven Kommunikation, die den Menschen vermittelt, dass Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln nicht  per se kritisch sind. Ein Ansatz ist dabei, die nachgewiesenen Gehalte in Relation zur Verzehrsmenge zu setzen, die notwendig wäre um bei den gefundenen Rückständen gesundheitliche Effekte auszulösen.

Danach diskutierten mit Hans-Theo Jachmann, Peter Clausing und Jan-Philipp Hein Vertreter von Industrie, Nichtregierungsorganisationen (NGO) und der Medien am Beispiel Glyphosat über das aktuelle Spannungsfeld in dem sich der Pflanzenschutz derzeit befindet. Moderiert wurde die Diskussion von Christoph Amberger, geschäftsführender Vorstand des Forum Moderne Landwirtschaft (FML). Jachmann machte in der Diskussion deutlich, dass die aktuell geführte Auseinandersetzung um Glyphosat eine Stellvertreterdebatte um die moderne Landwirtschaft und die Nutzung chemischer Pflanzenschutzmittel ist. Die Branche müsse bei der Bevölkerung Verständnis für die Nutzung moderner Technologien in der Landwirtschaft einwerben, damit diese auch in Zukunft anwendbar bleiben. Clausing bestätigte auf Nachfrage, dass das Pestizid-Aktions-Netzwerk, für welches er ehrenamtlich tätig ist, langfristig eine Landwirtschaft ohne Pflanzenschutzmittel anstrebt. Generell zweifelte er die Neutralität von Industrie-finanzierten toxikologischen Studien an und stellte die Vorgehensweise des BfR bei der gesundheitlichen Bewertung von Glyphosat in Frage. Der freien Journalist Hein, stellte dar, dass schon allein aufgrund der „Lebenswelt“ der Journalisten in Szenevierteln mit hohem Anteil an Bio-Läden, NGOs einen komfortableren Zugang zu diesen hätten. Er bemängelte bei seinen Berufskollegen die Kritiklosigkeit gegenüber NGOs und das Ausblenden der Eigeninteressen dieser Organisationen.

In seinem Schlusswort stellte Amberger fest, dass es schwer ist der Gesellschaft solch komplexen Sachverhalte wie den Nutzen der modernen Landwirtschaft zu vermitteln. Um die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz der konventionellen Landwirtschaft zu erreichen müsse mit transparentem Handeln und ehrlicher Kommunikation Vertrauen gewonnen werden.

Gülleüberschüsse – Der Handlungsdruck steigt

Wirksame Lösungen für den Abbau der teils massiven Phosphor- und Nährstoffüberschüsse in den Veredlungsregionen vornehmlich Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens sind noch nicht in Sicht. Dabei ist schnelles Handeln gefordert, waren sich die Teilnehmer am zweiten Tag der Veranstaltung mit Schwerpunkt Düngemittelhandel einig. Zwar gilt die neue Dünge-Verordnung noch nicht. Aber selbst nach Inkrafttreten rechnen Experten mit einer weiteren Novellierung, die bei Nichteinhalten der Vorgaben schneller erfolgen könnte als gedacht.

Franz Jansen-Minßen, Leiter des Fachbereichs Nachhaltige Landnutzung an der Landwirtschaftskammer in Oldenburg bezifferte den Stickstoff-Überschuss nach §5 DüV in seinem Vortrag zur Nährstoff-Situation in Niedersachsen auf mehr als 155.000 t N, wobei der größte Überhang erwartungsgemäß in den Veredlungsregionen anfällt. Insgesamt werden rund 60 Mio t Dung und Gärreste pro Jahr allein in Niedersachsen produziert, zudem rund 300.000 t Mineraldünger ausgebracht. Regionen mit Intensivtierhaltung geben heute schon bedeutende Mengen an Wirtschaftsdünger ab: So sind im vergangenen Jahr aus dem Gebiet Weser-Ems allein rund 2,3 Mio t abgeflossen. Andererseits wird aber Gülle importiert. Aus den Niederlanden gelangen jährlich etwa 1,4 Mio t nach Deutschland, etwa 80 Prozent davon nach NRW, so Jansen-Minßen, der Rest nach Niedersachsen.

Eine Umverteilung der Nährstoff-Überschüsse in die klassischen Ackerbauregionen wird hinlänglich diskutiert. Aber wie ist sie sinnvoll zu realisieren? An technischen Lösungen wird gearbeitet, so Jansen-Minßen, doch einen durchschlagenden Erfolg kann er noch nicht vermelden. 

Aus Sicht der Pflanzenbauberatung beleuchtete Prof. Dr. Berthold Ilgen von der Fakultät Landbau an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden die Auswirkungen der DüngeVerordnung: „Rein rechnerisch ist die Einhaltung der Düngebilanz (60/50 kg N und 10 kg P) leicht, in der praktischen Umsetzung jedoch schwierig.“ So würden beispielsweise hohe N-Min-Werte einen (extrem) niedrigen N-Bedarf induzieren und  damit die Produktion von proteinreichem Qualitätsweizen erschweren.

Der von vielen geforderte Einsatz der Gülledüngung in Ackerbauregionen stößt vor allem bei der Verwendung von Schweinegülle an die Grenzen und könnte schnell das (P-) Limit überschreiten. Und mögliche Güllegaben im Herbst von max. 10 qm/ha sind nicht praktikabel.

Wie sich die DüngeVerordnung letztlich auf den Düngemittelhandel auswirkt, darüber herrschen unterschiedliche Ansichten. Als sicher gilt ein Nachfrage-Rückgang bei Mineral-Stickstoff, allen voran Harnstoff. Das bestätigt auch Marco Fleischmann, Yara Dülmen. Dennoch könnten sich für den Agrarhandel auch Chancen aus der DüVO ergeben.

Die niedersächsische Landwirtschaftskammer wird einen Runden Tisch ins Leben rufen, zu dem auch Agrarhändler eingeladen werden. Der BVA bleibt mit Herrn Jansen-Minßen in Kontakt und wird den Termin rechtzeitig bekanntgeben.