Agrarpolitik muss neue Realitäten anerkennen

18.03.2022

„Die Ampel ist in der Landwirtschaftspolitik sehr ambitioniert gestartet. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat gleich zu Amtsbeginn deutlich gemacht, dass Lebensmittel ihren Preis haben müssen und Landwirtschaft heute ein moderner Wirtschaftszweig ist, der „Tablet und Trecker“ zu verbinden weiß. Das unterstützen wir vorbehaltslos. Doch jetzt gilt es, die dramatisch veränderten Realitäten anzuerkennen und danach zu handeln.“ Diese Einschätzung gab der Geschäftsführer des Bundesverbandes Agrarhandel e. V. (BVA), Martin Courbier, nach den ersten 100 Tagen Amtszeit der neuen Bundesregierung.

Die erschreckende Tatsache, wieder Krieg in Europa zu haben und die damit einhergehende Gewissheit, dass nichts mehr gewiss ist, erfordern jetzt einen klaren Kurs. Verbraucher müssen in Deutschland keine leeren Regale befürchten, Hamsterkäufe mal ausgeschlossen. Wenn wir jedoch infolge freiwilliger Produktionseinschränkungen insbesondere durch politisch verordnete Stilllegung auf den Anbau von Getreide und andere Agrarrohstoffe verzichten, werden wir uns mittelfristig auf dem Weltmarkt eindecken müssen. Damit tragen die EU und Deutschland zu steigenden Preisen bei, wodurch sich die Nahrungsmittelknappheit in den ärmsten Ländern weiter verschärfen wird. Da fehlt der Blick über den eigenen privilegierten Tellerrand, kritisierte Courbier.

Die deutsche Agrarwirtschaft produziert auf Gunststandorten. Dies bedeutet nicht, dass der Ressourceneinsatz nicht weiter optimierbar ist, etwa was den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln betrifft. Der Agrarhandel unterstützt die Landwirte auf diesem Weg beispielsweise durch Beratung. Doch eine weitere Extensivierung können wir uns kurzfristig mit Blick auf drohende Hungersnöte nicht leisten. Die Versorgungssicherheit muss ein mindestens gleichwertiges Ziel im Verhältnis zu Klima-, Arten- und Biodiversitätsschutz sein. Denn der Ukrainekrieg zeigt sehr deutlich auf, dass der Hunger auf der Welt nicht nur eine Verteilungs- sondern auch eine Produktivitätsfrage ist.

Damit die Landwirtschaft resilienter wird, wie es richtigerweise das erklärte Ziel des Bundeslandwirtschaftsministers ist, gilt es auch, sich modernen Entwicklungen nicht zu verschließen, betonte Courbier. Dies gilt für die Akzeptanz und Anwendung neuer Züchtungstechnologien genauso wie für die wissenschaftlich basierte Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Weniger Ideologie und mehr Vertrauen in wissenschaftliche Kompetenz sollte hier Leitschnur sein.


Bundesverband Agrarhandel e. V.

Der Bundesverband Agrarhandel e. V. (BVA) ist die Interessenvertretung des Agrarhandels in Deutschland. Die BVA-Mitgliedsunternehmen bereiten die von der Landwirtschaft gelieferten Agrarrohstoffe, wie Getreide und Ölsaaten, qualitativ durch Trocknung und Reinigung auf und vermarkten diese Produkte als Nahrungs- und Futtermittel im In- und Ausland. Zudem vertreiben sie sowohl Saatgut, Pflanzenschutz- und Düngemittel als auch Futtermittel an die Landwirtschaft. Dem Agrarhandel kommt damit eine entscheidende Funktion in der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette zu.

Für weitere Informationen:
Bundesverband Agrarhandel e. V.
Martin Courbier
Geschäftsführer
Invalidenstraße 34, 10115 Berlin
Tel.: +49 30 2790 741-0
E-Mail: zentrale@bv-agrar.de
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